Die Temperaturen schlagen immer noch mal nach oben aus, aber eins steht unwiderruflich fest: Der Sommer ist vorbei. Und was war das für ein unglaublicher Sommer in diesem Jahr! 1976 sang Peter Und es war Sommer, aber damit waren nicht unbedingt Temperaturen um die 40 Grad gemeint. Es ging um eine ganz andere Unglaublichkeit …
Könnte man so etwas heute noch texten? Wahrscheinlich nicht. Denn Schmalz, Unsinn und unfreiwillige Komik triefen in diesem Song aus fast jedem Vers: „Die Sonne brannte so, als hätte sie’s gewusst“, „Sie gab sich so, als sei ich überhaupt nicht da“, „Doch bleib bei mir, bis die Sonne rot wird, dann wirst du sehen“ … So klischeehaft das im 21. Jahrhundert klingt, so brisant war es zu seiner Zeit. Weil ein leicht melancholischer Mann erzählt, wie er mit 16 von einer erwachsenen Frau verführt wurde. Minderjährigen-Sex also, oha! Hin und her gerisssen zwischen Erinnerung und unmittelbarem Noch-einmal-Erleben spricht der „Held“ des Songs von sich selbst mal in der dritten, mal in der ersten Person. Und natürlich wird auch die nächtliche sexuelle Begegnung in blumigste Worte gefasst: „Wir gingen beide hinunter an den Strand / Und der Junge nahm schüchtern ihre Hand / Doch als ein Mann sah ich die Sonne aufgehn / Und es war Sommer.“
Der Altersunterschied zwischen Liebenden wurde in den Songs der Sechziger und Siebziger auffällig oft thematisiert. So ist Maffays Text inspiriert von Bobby Goldsboros deutlich coolerem US-Hit Summer (The First Time) aus dem Jahr 1973, auch wenn der Sprecher dort „schon“ 17 ist. Nur kannte den Song in Deutschland kaum jemand. Hierzulande hatte man eher noch die Beatles mit den suggestiven Zeilen „She was just seventeen / You know what I mean …“ aus ihrem 1963er Hit I Saw Her Standing There im Ohr. Oder Udo Jürgens, der 1965 geschmettert hatte: „17 Jahr, blondes Haar, so stand sie vor mir …“? Ohne Zweifel, auch in diesem Schlager geht es um die erotische Spannung zwischen zwei Menschen, von denen nur einer volljährig ist. Aber: Die amouröse Begegnung bleibt bei Udo Jürgens nur ein Traum: „Sie hat mich angelacht und war vorüber (…) und überall such ich sie.“ Das war für das gesettelte deutsche Publikum von damals offenbar gerade noch zu verkraften. In den 1960er Jahren hatte man tatsächlich noch 21 werden müssen, um die Volljährigkeit zu erreichen, da konnten Künstler maximal eine Fantasie besingen. 1975 war dann aber ein im Jahr zuvor verabschiedetes neues Gesetz in Kraft getreten, das den Eintritt der Volljährigkeit immerhin auf die Vollendung des 18. Lebensjahrs herabsetzte. Dalidas Er war gerade 18 Jahr, die 1974 erschienene deutsche Version ihres französischen Hits Il venait d’avor 18 ans, kriegte da mit dem Rückblick auf einen entsprechenden One-Night-Stand ganz wunderbar die Kurve. Doch 1976 eckte Maffay mit der Geschichte eines 16-Jährigen, der Sex mit einer erwachsenen Frau hatte, tatsächlich an. Hölle und Verdammnis – das war ganz klar verboten!
„Als Maffay diesen Titel in der ‚ZDF-Drehscheibe’ vorstellen wollte, wurde er abgeblockt“, fasst der Journalist Dirk Maxeiner die „schlimmste“ Konsequenz zusammen: „Die Zeilen ‚Ich war 16 und sie 31, und über Liebe wusste ich nicht viel, sie wusste alles und sie ließ mich spüren, ich war kein Kind mehr’ führten zu einem Verbot. Das ZDF: ‚Der Text ist eindeutig zweideutig und passt deshalb nicht in unsere Sendung.’“ Auch der eine oder andere Radiosender weigerte sich, den Song zu spielen. Trotzdem wurde Und es war Sommer samt dem gleichnamigen Album ein Riesenerfolg im deutsprachigen Raum. Es dauerte nicht lange, da trat Peter Maffay mit dem „kontroversen“ Lied doch auch im ZDF auf. Und wo? Natürlich in der „Hitparade“.